The Testaments
Hmm. Ich weiß nicht so wirklich, was ich erwartet habe. Am Liebsten wäre mir wohl eine “direkte” Fortsetzung des ersten Teils gewesen. Aber je mehr ich darüber nachdenke, desto eher komme ich zum Schluss, dass ich vermutlich mit keiner Variante zufrieden gewesen wäre. Mehr Details über die dystopische Theokratie in Gilead sind natürlich interessant, denn allzu viele gab es in The Handmaid’s Tale damals nicht. Aber wie die Serienumsetzung und nun auch dieser Nachfolger zeigen, hatte das Original damals eine ziemlich gute Balance gefunden – nicht repetitiv, aber auch noch nicht in große Widersprüche verstrickt.
Einerseits ist es ganz logisch, dass auch diesmal wieder in Tagebuch-artiger Form erzählt wird, andererseits funktioniert dieser Trick für mich nur einmal gut. Dieses Mal gibt es gleich drei verschiedene Perspektiven – eine hochrangige und bereits bekannte “Aunt”, außerdem ein innerhalb Gilead geborenes und aufwachsendes Mädchen, und ein außerhalb (im angrenzenden Kanada) lebendes Mädchen. Spoilerfrei lässt sich zumindest sagen, dass alle drei wesentlich “hollywoodiger” verlaufen, als es der beklemmend enge Stil des ersten Bands zugelassen hätte. Anfangs war ich eigentlich nur an der Perspektive der Aunt interessiert – einerseits ist hier der Geist des Vorgänger am Deutlichsten zu spüren, andererseits waren die anderen beiden einfach meistens nicht besonders spannend. Nicht direkt schlecht, aber nicht fesselnd. Der spannende Teil der Geschichte beginnt somit erst im letzten Viertel des Buchs, da stimmt das Verhältnis von Einleitung, Hauptteil und Höhepunkt irgendwie nicht – das mag sich aber anders anfühlen, wenn man das Buch im tatsächlichen zeitlichen Abstand liest und nicht wie ich noch ziemlich tief in der Welt drinsteckt.
Unterhalten hat mich das Buch insgesamt trotzdem, aber im Vergleich war es eher eine Enttäuschung.