Treulose Schwächlinge
Interessantes Interview beim NDR mit einem Militärhistoriker vom Lehrstuhl für Militärgeschichte und Kulturgeschichte der Gewalt an der Uni Potsdam über Deserteure und die Bedeutsamkeit des moralischen Wertekonstruktes, in dessen Rahmen wir handeln und denken:
Es hat solche Desertionen gegeben. […] In der jungen Bundesrepublik wurde ihre Agitation […] als Verrat betrachtet.
Na sowas, mir wurde in der Schule beigebracht, dass wir uns ganz toll entnazifiziert haben nach dem Krieg?
Von den 170 Juristen, die von 1949 bis 1973 in Leitungspositionen des [Bundesjustizministerium] tätig waren, gehörten 90 der NSDAP und 34 der SA an. Das hatte schwerwiegende Folgen. Hohe Generäle bei der Bundeswehr, die in NS-Verbrechen involviert waren, wurden von Oberstaatsanwälten verhört, die früher selber verstrickt waren. Man hatte großes Verständnis füreinander.
Da muss man sich mal vor Augen halten, wie stark so etwas den Geist einer Behörde prägen können, und wie stark diese Behörde den Geist der Gesellschaft prägt. Nicht in dem Sinne, dass da zwangsläufig geheime Gruppen von Altnazis gezielt Pläne geschmiedet und aus ihren Positionen heraus umgesetzt haben müssen. Es reicht schon aus, dass die Denkweise und Prägung in den Köpfen dieser einzelnen Menschen noch tief verwurzelt ist. Kein Wunder, dass hier eine erzkonservative Kultur gewachsen ist, die nur langsam bröckelt und bis heute wirkt.
Das Interview ist nicht sehr lang und lohnt sich allein wegen der absurden Geschichte des U-Boot-Kommandanten zu lesen.
(via Günther)