Your Brain On Porn

Interessantes Thema, schlechte Ausführung. Wenn ein Buch zu weit über 50% aus zitierten Reddit-Postings besteht, wäre es vielleicht besser ein Blogpost geworden. Wobei das allein noch verschmerzbar wäre, aber inhaltlich wiederholen sich diese kopierten Erfahrungsberichte auch massiv – da der Autor sie mangels passender wissenschaftlicher Arbeiten zur Untermauerung der Hypothese nutzt.

Welche Hypothese? Pornos, speziell die moderne YouPorn-artige Variante (also: unendlich viel, jede Nische abgedeckt, zunehmend extrem, kurz und schnell auf den Punkt), verursachen massive psychologische Probleme, da sie sich auf das Gehirn ähnlich wie Alkoholismus, Spielsucht und andere Suchtkrankheiten auswirken.

Davon, dass das im Wesentlichen stimmt, bin ich schon lange überzeugt. Meiner Meinung nach – und das wird im Buch auch gesagt – ist das allerdings nicht auf Pornos beschränkt. So sind die interessantesten Stellen im Buch diejenigen, die sich mehr mit Sucht im Allgemeinen befassen – viele Experten vertreten mittlerweile die Auffassung, dass Sucht sehr generisch ist und es keine wesentlichen Unterschiede zwischen harten Drogen, Alkohol, Glücksspiel, oder eben Pornografie oder dem Internet allgemein gibt. Wohlgemerkt: Bezogen auf den Suchtfaktor – dass der durch die Abhängigkeit bedingte regelmäßige Heroinkonsum dann körperlich andere “Nebenwirkungen” hat als der einarmige Bandit, ist klar.

An mir selbst beobachte ich schon lange ziemlich extremes Suchtverhalten was das Internet angeht. Auch wenn ich deshalb wirklich nur sehr wenig Neues aus dem Buch ziehen konnte, würde ich sagen, dass die Lektüre nicht komplett für die Katz war. Es schadet nie, sich mit seinen Dämonen zu befassen, und es war auf wenige Stunden ausgelesen. Leider hat das Buch natürlich weder speziell für Abhängige von (Internet-)Pornografie noch für Sucht allgemein irgendwelche magischen Lösungen parat. Es listet im letzten Teil zwar sinnvolle Strategien auf, aber auch hier wieder viel zu sehr in Form von anekdotischen Erfahrungsberichten. Ich habe das dann auch oft nur noch überblättert. Es war nichts dabei, das mir nicht ohnehin schon lang klar ist und ich seit Jahren mal mehr und mal weniger erfolgreich anzuwenden versuche.

Lesenswert ist das Buch vielleicht für jemanden, der es für seltsam oder fragwürdig hält, dass Internetpornografie süchtig machen und so schädlich sein kann. Ich nehme mir zumindest positiv mit, dass ich mir diese spezielle Sucht nicht arg zuteil gemacht habe, denn die spezifischen Auswirkungen klingen alles andere als angenehm.

Und um den Elefanten im Porzellanladen auch zu adressieren: Ja, natürlich konsumiere ich Internetpornografie. Regelmäßig. Haufenweise. Professionell. Seit… 20 Jahren? Als Single ebenso wie in einer Beziehung, alleine, gemeinsam. Ich würde auch nicht sagen, dass ich gar keine Probleme damit habe – aber diese Probleme gehen zumindest nicht weit über anderen exzessiven und dadurch problematischen Konsum im Internet hinaus.

3/5